Logistik und Schweizer Marktplätze
Verschaffe dir einen Überblick über die logistischen Implikationen von Schweizer Marktplätzen.
Verschaffe dir einen Überblick über die logistischen Implikationen von Schweizer Marktplätzen.
Laut Swiss Trend sind Online-Marktplätze einer der Wachstumstreiber des E-Commerce in der Schweiz. Dies zeigt das Ranking der umsatzstärksten Online-Shops in der Schweiz: Sechs der Top-10-Plätze werden von Betreibern von Marktplätzen belegt, auf denen zahlreiche Händler und Hersteller ihre Produkte an Kunden verkaufen.
In vielen Ländern bietet Amazon seinen Marktplatzpartnern umfassende Logistikdienstleistungen an. Im Rahmen von «Fulfilled by Amazon» lagert das Unternehmen die Produkte seiner Partner in eigenen Logistikzentren und kommissioniert und versendet die Waren. Ein Vergleich der Schweizer Marktplatzbetreiber zeigt jedoch, dass sie solche Dienstleistungen in der Regel nicht anbieten. Digitec Galaxus beispielsweise bietet den Lieferanten zwar die Möglichkeit, die Produkte in ihrem Logistiklager zu lagern, den Marktplatzhändlern steht diese Option jedoch nicht zur Verfügung.
Die Logistik ist ein zentraler Erfolgsfaktor im digitalen Handel, worauf die grossen Anbieter mit hohen Investitionen in die Logistik reagiert haben. Prominente Onlinehändler wie die Competec-Gruppe oder Zalando melden den Bau neuer Logistikzentren oder deren Erweiterung. Allein die Competec-Gruppe investiert 70 Millionen Franken. Digitec Galaxus, der umsatzstärkste Marktplatz der Schweiz, konnte während der Pandemie die Kapazität durch die Inbetriebnahme neuer Logistikzentren um 60% erhöhen. Verkäufer bieten heute schon sehr schnelle Lieferzeiten an, erhöhen aber weiterhin die Geschwindigkeitsstandards, da die Kundenerwartungen steigen.
In vielen Fällen kümmern sich die Einzelhändler selbst um ihre Logistik. Da sie eine wichtige Rolle für den Erfolg des E-Commerce spielt, wollen sich viele Anbieter das Thema nicht aus der Hand nehmen lassen. Es geht keine Gewinnspanne an Dritte verloren und die Händler sind unabhängiger. Allerdings ist der Aufbau einer eigenen E-Commerce-Logistik mit einigem Aufwand verbunden. Von der Erstellung der Versandetiketten über die Verpackung und Abwicklung bis hin zu Versand, Retouren, Lagerhaltung und vielem mehr liegt alles in der Verantwortung des Händlers. Ein umfangreiches Warensortiment lässt sich nur durch die Anbindung einer Logistiklösung an das Filial- oder ERP-System verwalten. Dies ist mit entsprechenden Kosten verbunden. Und eine eigene Logistik erfordert beim Aufbau einer eigenen Logistiklösung personelle und räumliche Ressourcen. Beim Aufbau einer eigenen Logistik muss das Handelsunternehmen zudem sicherstellen, dass die Lösung für künftiges Wachstum skalierbar ist.
Eine andere Möglichkeit ist die Zusammenarbeit mit einem Logistikpartner wie der Schweizerischen Post. Der grösste Vorteil dieser Lösung ist, dass sich der Einzelhändler auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann, während er die gesamte Logistik einem darauf spezialisierten Unternehmen überlässt. Allerdings ist das Outsourcing mit Kosten verbunden. Neben der genutzten Lagerfläche fallen für jeden Prozessschritt (Lagerung der Artikel, Kommissionierung der Bestellungen, Versand, Annahme von Retouren) Bearbeitungskosten an. Diese finanzielle Belastung kann bei Produkten mit eher geringen Gewinnspannen und kleinen Warenkörben schwer zu bewältigen sein. Ein grosser Vorteil des Outsourcings ist jedoch die Flexibilität: Bei Bedarf und wenn möglich, kann kurzfristig zusätzliche Lagerfläche erworben oder freigegeben werden; ein bestehendes Lager kann bei Bedarf oder Wunsch jederzeit vergrössert oder verkleinert werden, indem man mit einem Partner zusammenarbeitet, der bereits über die erforderlichen Einrichtungen verfügt.
Dropshipping ist eine Vertriebsmethode, bei der ein Einzelhändler die Waren nicht selbst auf Lager hat, sondern die Bestellungen direkt an einen Händler oder Hersteller weiterleitet. Diese liefern die Produkte dann direkt an den Kunden. Ein Vorteil dieses Modells ist, dass der Einzelhändler kein Lager aufbauen muss und das unternehmerische Risiko beim Lieferanten liegt. Der Aufwand für Handling, Versand, Produkt- und Lagerverwaltung liegt somit beim Lieferanten. Verständlicherweise schmälert dieses Modell in der Regel die Marge des Lieferanten. Ein weiterer Nachteil ist, dass eine grosse Abhängigkeit vom Lieferanten besteht. Wenn der Lieferant nicht in der Lage ist, einen bestellten Artikel zu liefern, sind dem Einzelhändler die Hände gebunden.
Bei der Entscheidung, welchen logistischen Weg ein Handelsunternehmen einschlagen soll, kommt es auch darauf an, wie weit das Unternehmen mit der Digitalisierung seines Geschäftsmodells gekommen ist. In der Anfangsphase, wenn die Auftragsvolumina überschaubar sind und das Unternehmen noch nicht über eine gewisse Grösse hinausgewachsen ist, ist es durchaus sinnvoll, die Logistikprozesse selbst zu übernehmen. Für Einzelhändler, die über eine gewisse Grösse hinausgewachsen sind, kann das Outsourcing von Logistikprozessen dagegen ein durchaus lohnender Weg sein.
Die Versender müssen in der Lage sein, Nachfrageschwankungen zu bewältigen. Marktplätze verlangen eine hohe Lieferqualität; dies gilt insbesondere für die Lieferzuverlässigkeit. Das ist verständlich, denn die Kunden unterscheiden nicht, wie eine Verzögerung zustande gekommen ist, und so fällt die negative Erfahrung auf den Marktplatz zurück. Aus diesem Grund bestrafen Marktplätze Versender, die Bestellungen nicht innerhalb der geforderten Fristen liefern können. Erfolgreiche Versender auf Marktplätzen sind diejenigen, die über eine effiziente und flexible Logistik verfügen.
Die Logistik im E-Commerce erfordert Effizienz, Qualität und Flexibilität. Logistikprozesse sind ein entscheidender Erfolgsfaktor, denn die Kundenerwartungen an Geschwindigkeit und Qualität sind hoch. Andererseits stellen sie einen relevanten Kostenblock dar. Wenn die Prozesse nicht optimal laufen, wird mit jedem Auftrag Geld verschwendet. Deshalb lohnt es sich, genau hinzuschauen, ob es in der E-Commerce-Logistik Optimierungspotenziale gibt.